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- Der Mountainbike Blog -

Fahrtechnik, Mentaltraining und mehr...

Mountainbiken lernen - Motorisches Lernen am Beispiel der MTB-Fahrtechnik

Mountainbiken richtig lernen – Der Weg zu automatisierten Bewegungen

Was haben diese 4 Situationen gemeinsam?

  • Gemütlich durch den Wald gehen
  • Einen Text in Deine Tastatur tippen
  • Bahnen in einem Schwimmbecken ziehen
  • Einen richtig coolen Trail fahren

…in allen 4 Situationen kommen automatisierte Bewegungsabläufe vor! Ohne diese Automatismen wären diese vier Situationen unmöglich.

Du machst Dir vermutlich keine Gedanken, wie genau Du einen Fuß vor den anderen setzt, wie Du Deine Finger bewegst, um die richtige Taste zu treffen, wie Du Arme und Beine bewegen musst, um über Wasser zu bleiben und viele Mountainbiker machen sich auch keine Gedanken, was der Körper machen sollte, um sicher und flüssig einen Trail zu fahren.

Doch alle motorischen Bewegungen müssen erst erlernt, gefestigt und danach automatisiert werden.

Egal ob beim Laufen, Schreiben, Schwimmen oder Biken. Das Bewusstsein und das Wissen, wie das „Erlernen von motorischen Bewegungen“ eigentlich funktioniert, fehlt leider sehr oft, was zu Frust und im schlimmsten Fall zu Stürzen, Schmerzen oder zum Aufgeben führen kann.

Wir Menschen haben das Glück unser Leben lang lernen zu können. Unser Gehirn hat die Fähigkeit, altersunabhängig seine Struktur zu verändern. Mit anderen Worten, es ermöglicht uns, bis ins hohe Alter neue Skills zu lernen.

Wie lange es dauert, bis eine neue Bewegung unter verschiedensten Bedingungen wiederholbar klappt, hängt von einigen Faktoren ab.

Was aber immer gleich bleibt, ist der Weg, der zum Automatismus führt! Und genau diesen wollen wir Dir heute etwas näherbringen – und zwar übertragen auf das Mountainbiken.

Phase 1: Grobkoordination

Der erste und essenzielle Schritt ist das mentale Verstehen der Bewegung und die Entstehung eines „Bewegungsbilds“.

Das bedeutet, dass zumindest eine ungefähre, optische Vorstellung der Bewegung existieren muss. Du solltest also verstehen, wie die Bewegung funktioniert, also was Du machen möchtest, bevor Du anfängst, sie zu üben.

In unseren Kursen hast Du daher immer Video-Demonstrationen in Zeitlupe und eine Texterklärung unter den Videos, die Du wiederholt ansehen und durchlesen kannst. Wiederholt ist insofern wichtig, weil in diesem Schritt unterbewusst viele Dinge in Deinem Gehirn passieren – diese sind beim einmaligen Schauen gar nicht möglich.

Im Anschluss geht es an die Ausführung der Bewegung auf Deinem Bike.

In dieser Phase des motorischen Lernens ist es noch nicht möglich, die Bewegung zu korrigieren oder anzupassen. Es geht wirklich nur um die einfache Ausführung der Bewegung. Also für Dich gilt, dass Du versuchen solltest, die vorab angesehene Bewegung so ähnlich wie möglich nachzumachen. Gehe spielerisch an die Sache heran und vermeide es in absoluten Kategorien wie „richtig und falsch“ oder „gut und schlecht“ zu denken. Dein Körper – also eigentlich Dein Gehirn, das Deinen Körper steuert, lernt aus jedem Versuch eine Menge.

Es wird hier zu verschiedenen Fehlern kommen, welche unvermeidbar und sogar wichtig sind. Bewegungen werden beispielsweise mit zu viel/zu wenig Krafteinsatz oder zu geringer Präzision ausgeführt. Viele Menschen neigen auch zum Verkrampfen und das Ausführen der Bewegung geht in dieser Phase unweigerlich mit einem hohen Energie- und Konzentrationsaufwand einher.

Nach wiederholtem Üben wirst Du jedoch erste Erfolge erzielen und bist der Zielbewegung einen Schritt näher. Erwarte bitte nicht zu schnelle Erfolge, denn beim motorischen Lernen gibt es keine Shortcuts.

Versuchst Du trotzdem Abkürzungen zu nehmen, wirst Du sehr viel Kraft, Energie und langfristig gesehen auch Zeit verschwenden, da Du dir kompensatorische Muster aneignen wirst.

Vertraust Du stattdessen auf den Prozess, achtest auf Deinen Körper und hältst Dich an eine erprobte Lernstruktur (wie die, in unseren Kursen), wirst Du schnell und bleibend Erfolg haben.

Ein professioneller MTB-Coach unterstützt Dich durch zielgerichtetes, wertschätzendes und konstruktives Feedback. Er verhindert dadurch, dass Du Dich in eine Sackgasse manövrierst und, dass Du Dir unvorteilhafte Muster aneignest.

Nun geht es auch schon schleichend in die nächste Phase über:

Phase 2: Feinkoordination

Diese Phase bezeichnet den Lernverlauf von der Grobkoordination bis zur fast fehlerfreien Ausführung der Bewegung. Verbringst Du genügend Zeit mit dem Üben der Bewegung, kommt es zu einer kontinuierlichen Verbesserung.

Der Bewegungsablauf wird durch häufiges Wiederholen in einer sicheren Lernumgebung Schritt für Schritt im Kleinhirn als Automatismus abgespeichert.

Du kannst Dir folgendes vorstellen: In Deinem Gehirn entstehen „Bewegungsschablonen„, die dem Soll- und Ist-Vergleich dienen.

Weicht der Ist-Zustand vom Soll-Zustand ab, sind jetzt auch Selbst-Korrekturen während des Bewegungsablaufes möglich.

Du hast Dir bereits ein gutes Maß an Bewegungsgefühl angeeignet, das heißt, Du spürst während der Ausführung bereits, ob die Bewegung erfolgreich war oder nicht. Durch Dein bereits aufgebautes Bewegungsverständnis kannst Du Dir Selbst-Korrektur geben und bei der nächsten Ausführung gleich an der Umsetzung arbeiten.

Natürlich stehen wir Dir auch hier jederzeit zur Seite und helfen sofort, falls Du doch mal stagnieren solltest – oder, wenn Du Dir Motivation holen möchtest.

Gegen Ende dieser Lernphase werden die Bewegungen meist fehlerfrei ausgeführt. Es sei denn, es prasseln zu viele Umgebungsreize auf Dich ein oder Du befindest Dich in einer ungewohnten Umgebung (z. B. bei Anwendung in zu schwierigem Gelände oder zu schneller Fahrgeschwindigkeit).

Das heißt für Dich: Immer wieder die Bewegung in einer sicheren Lernumgebung (z.B. auf einem Parkplatz) festigen und erst dann in einem für Dich einfachen Trail integrieren, bis auch hier eine konstante Bewegungsausführung möglich ist. So steigerst Du nach und nach den technischen Anspruch Deines Übungsortes / der Trails, bis die neu erlernte Technik auch am Trail automatisiert abläuft.

Ein Bonus dabei: Das Gelände wird zwar nach und nach technischer, gleichzeitig jedoch für Dich subjektiv einfacher! (Weil Dein Gehirn nun Lösungen für diese technischen Passagen hat – denn Angst beim Biken ist oft das Resultat von „Ratlosigkeit“)

Phase 3: Feinstkoordination

Die letzte Phase dient der Stabilisierung der erlernten Bewegung. Diese ist mittlerweile auf einem Niveau angelangt, in der auch schwierige oder ungewohnte Umstände keinen Einfluss mehr auf dessen korrekte Ausführung haben. Die Bewegung findet statt, ohne dass dieser noch Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.

Mit anderen Worten – jetzt ist die Bewegung automatisiert und Du kannst sie abrufen, ohne darüber nachzudenken, wie beim Tippen oder Gehen.

Dennoch sollte der Bewegungsablauf immer weiter geübt werden, allerdings unter neuen Voraussetzungen:

  • Variierende Bedingungen und Anforderungen – sei kreativ in Sachen Übungsort, variiere die Geschwindigkeit, Bodenbedingungen etc.
  • Betreibe visuelles (ideomotorisches) Training: Dieses Training basiert auf der Vorstellung von Bewegungen. Es findet nur im Kopf – also in der Vorstellung statt. Die Ziele von visuellem Training sind: Beschleunigung des Lernprozesses, Festigung und längerfristige Bewahrung von Bewegungen, Präzisierung durch wiederholtes Durchdenken und Erleben der Bewegung, Behebung von Schwachstellen und Fehlerquellen. 

Wir haben in unseren Kursen daher immer wieder Lektionen mit visuellen Übungsaufgaben, denn dies ist laut diversen Studien ein echter Lern-Booster!

So – und jetzt eine Frage an Dich:

Glaubst Du, es ist möglich, diese 3 Lernphasen an einem Tag zu durchleben?

Die Antwort ist ganz klar: Nein.

Im Gegenteil, man braucht Tausende Wiederholungen über mehrere Monate, bis es zu Phase 3 kommt. Bis zur Perfektion sogar Jahre.

Babys – obwohl deren Gehirn noch viel formbarer ist als unseres – brauchen auch mehrere Monate tägliches Üben, bis sie gehen können. Deswegen brauchen auch wir Monate, bis wir die Technik automatisiert beherrschen, um sauber einen technischen Trail zu fahren und um uns stetig zu verbessern.

Und genau deswegen begleiten wir Dich über mehrere Monate in unseren Kursen und die Inhalte stehen Dir lebenslang zur Verfügung. Denn wir wissen, wie Dein Gehirn funktioniert – und helfen Dir dabei, es schneller umzuprogrammieren, damit Du mehr Spaß on Trails hast!

Literatur und Quellenverzeichnis:

 

Luis Nicolas Gonzalez Castro, Craig Bryant Monsen, Maurice A. Smith. The Binding of Learning to Action in Motor Adaptation. PLoS Computational Biology, 2011; 7 (6): e1002052 DOI: 10.1371/journal.pcbi.1002052

Motor Acquisition takes thousands of repetitions: Siehe Podcast mit Stanford University Prof. Dr. Andrew Huberman https://youtu.be/xJ0IBzCjEPk  Minute 27:10

Motor Learning unfolds over different timescales: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4672876/

What is learning? Definition, explicit vs. Implicit learning, stages of learning, massed vs. distributed practice: https://www.physio-pedia.com/Motor_Learning_-_Back_to_the_Basics

Why learning is enhanced with external feedback from a coach: van Vliet PM, Wulf G. Extrinsic feedback for motor learning after stroke: what is the evidence? Disabil Rehabil. 2006; 28(13-14): 831-40.

The phases of learning: https://us.humankinetics.com/blogs/excerpt/understanding-motor-learning-stages-improves-skill-instruction

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